Eine überraschende Entwicklung hat sich im Zusammenhang mit den umstrittenen Windkraftanlagen im Birgelener Wald in Wassenberg ereignet. Die Kreisverwaltung Heinsberg hat den Bauantrag für vier Anlagen genehmigt, nachdem sie ihn zuvor abgelehnt hatte. Den Grund für die Wendung verrät Landrat Stephan Pusch in einem Livestream auf dem Facebook-Account der Kreisverwaltung.

Konflikt um Windkraftanlagen im Birgelener Wald: Genehmigungsverfahren und Einwendungen der Bürgerinitiative

Zunächst hatte die Stadt Wassenberg eine Konzentrationszone ausgewiesen, um zu verhindern, dass in vielen Teilen des Stadtgebiets Massen an Windrädern entstehen. Der Kreis Heinsberg als Genehmigungsbehörde erhielt in Folge dessen einen Antrag zum Bau von vier Windkraftanlagen im Birgelener Wald von der BMR Windenergie Wassenberg GmbH & Co. KG. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wurde durchgeführt und eine Bürgerinitiative hinzugezogen, die 670 Einwendungen gegen das Bauvorhaben vorbrachte. Da das Gebiet Teil eines Landschaftsschutzgebiets ist, in dem bauliche Anlagen, einschließlich Windenergieanlagen untersagt waren, war zu dem Zeitpunkt eine Ausnahme erforderlich, um die Genehmigung zu erteilen. Erst wenn das öffentliche Interesse an der Verwendung von Windenergieanlagen höher bewertet wurde als der Naturschutz, die Landschaftspflege und der Artenschutz, konnte die Ausnahmeregelung in Kraft gesetzt werden.

Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Münster

Nach der Abwägung entschied der Kreis Heinsberg schließlich, den Bauantrag abzulehnen, da das Gebiet vom Landesamt für Natur, Umwelt und Forst Nordrhein-Westfalen als Gebiet von herausragender Bedeutung eingestuft wurde, insbesondere aufgrund des Biotopverbunds. Daraufhin wurde die Kreisverwaltung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster verklagt. Im Gerichtsverfahren bot der Betreiber an, weitere Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen und argumentierte, dass der Bereich, in dem die Windräder gebaut werden sollen, hauptsächlich aus Nadelwäldern besteht. Insbesondere Fichten sind nicht in der Lage, den Klimaveränderungen standzuhalten und werden im Laufe der Zeit aus den deutschen Wäldern verschwinden. Der Betreiber bot daher an, die Flächen mit FFH-lebensraumtypischen Laubholzarten wie Eiche und Buche zu bepflanzen und dafür zusätzlich 145.000 € auszugeben.

Änderung der Gesetzeslage: Das Osterpaket und das EEG

Trotz dieser Vorschläge war das nicht das ausschlaggebende Argument für den Kreis Heinsberg, den Bau nun doch zu genehmigen. Mitten im Gerichtsverfahren hat sich die Gesetzeslage geändert. Als unmittelbare Folge aus dem Ukrainekrieg und der daraus entstehenden Energiemangellage vom Bund wurde das sogenannte Osterpaket verabschiedet, welches die Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen vorsieht. Dies wurde flankiert von der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das besagt, dass die Errichtung und der Betrieb von Energieanlagen nun in überragendem öffentlichem Interesse liegen. Das bedeutet, dass der Kreis Heinsberg nun nicht mehr abwägen kann zwischen Naturschutz und öffentlichen Belangen und den Bau nicht mehr ablehnen kann.

Begründete Kritik des Landrats an Belastungen für ländlichen Raum

Die geänderte Gesetzeslage zwingt nun die Kreisverwaltung, den Bau der vier Windräder im Birgelener Wald zu genehmigen. Landrat Stephan Pusch hat kritisch auf die aktuelle Situation bezüglich der Genehmigung von Windkraftanlagen reagiert und betont, dass die Belastungen für das Thema Energiewende fast ausschließlich den ländlichen Raum treffen. Er fordert, dass der Gesetzgeber der ländlichen Bevölkerung, die die Lasten zu tragen hat, einen Sondervorteil aus dem Ausbau mit erneuerbaren Energien zukommen lassen muss.

Er fordert außerdem, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien nur dann forciert werden sollte, wenn gleichzeitig auch die Frage der Speicherung von Energie angegangen wird. Pusch warnt vor einer Verspargelung der Landschaft und einer mangelnden Energiesicherheit auf Dauer, wenn dies nicht berücksichtigt wird.